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B. Braun-Vorstandschef Große: Digitalisierung ist ein Job-Motor
 

Die Digitalisierung bezeichnet die Veränderung von Prozessen und Kommunikation – sie ist in vollem Gange und betrifft uns alle.

Dabei ist sie kein neues Phänomen, sondern begleitet uns unter anderem Namen schon lange. Professor Dr. Heinz-Walter Große, Vorstandsvorsitzender der B.Braun Melsungen AG, äußert sich im Interview zu Entwicklungen im Unternehmen und warum die Digitalisierung auch ein Jobmotor ist.

 

Herr Große, warum müssen Arbeitnehmer bei B.Braun keine Angst vor der Digitalisierung haben?

Heinz-Walter Große: Die Digitalisierung ist nichts, was gestern gekommen ist oder gerade anfängt. Wir haben mit der Digitalisierung und Automatisierung mehr Mitarbeiter als je zuvor.

 

Also verschwinden keine Arbeitsplätze durch Weiterentwicklungen, sondern es entstehen nur andere.

Große: Genau. Ich möchte Ihnen dazu ein Beispiel geben. Bis zu den 1960er-Jahren benötigten wir Glasbläser, um Infusionsflaschen herzustellen. Mit der Einführung von Kunststoffflaschen wurden diese nicht mehr benötigt. Die Mitarbeiter wurden aber nicht entlassen, sondern qualifiziert.

 

Dann liegt es aber in der unternehmerischen Verantwortung, diese Menschen weiterzubilden und zu beschäftigen.

Große: Unbedingt. Die 140 Auszubildenden, die jetzt begonnen haben, werden in den kommenden Jahrzehnten sicher nicht mit dem auskommen, was sie in den nächsten Jahren lernen werden. So lange es B.?Braun gibt, gibt es Veränderungen. Das ist eine geschichtliche und wirtschaftliche Notwendigkeit.

 

Aber nicht jeder Arbeitnehmer kann beliebig qualifiziert werden.

Große: Das stimmt. Es wird Menschen geben, die nicht jede Qualifikation erreichen können. Das müssen wir gesellschaftlich im Blick haben. Bei B.Braun ist uns das bewusst und wir bieten unseren Mitarbeitern Alternativen an. Aber es ist tatsächlich so, dass Jobs, die keine besondere Qualifikation erfordern, weniger werden.

 

Inwieweit sind die Digitalisierungsprozesse planbar – die Entwicklung ist doch fluid und immer in Gang?

Große: In manchen Bereichen kann man sich für mehr oder weniger Digitalisierung entscheiden. Die Schreibtische unserer Mitarbeiter sind beispielsweise weitgehend papierfrei. Das ist auch eine Form von Digitalisierung. Und es gibt ständig wissenschaftliche Weiterentwicklungen: Eine moderne Infusionspumpe im Krankenhaus kommuniziert heute beispielsweise mit der Apotheke im Krankenhaus, kennt die Patientendaten und warnt vor einer falschen Medikation.

 

Sie sprechen das Internet der Dinge (Internet of Things) an. Werden künftig alle Geräte smart sein?

Große: Wenn es einen sinnvollen Nutzen und einen Mehrwert liefert, sicher. Ärzte arbeiten während einer Transplantation mit einem digitalen Navigationssystem. Sensoren im Krankenhaus können bereits die Händehygiene des Klinikpersonals überwachen und bewerten, wie desinfiziert wurde. Die Digitalisierung hat in den meisten Lebensbereichen Einzug gehalten.

 

Die Intervalle verkürzen sich, kann da jeder Mitarbeiter mithalten?

Große: Wir müssen als Unternehmen versuchen, das zu ermöglichen. Als 2005 unser Werk Life eröffnet wurde, starteten wir mit 150 Mitarbeitern an drei Produktionslinien. Nachdem wir eine weitere Linie eingeführt haben, arbeiten dort jetzt trotz vieler Automatisierungsprozesse mehr als 300 Mitarbeiter. Die Kapazität wurde auf 250 Millionen Flaschen verdoppelt.

 

HNA, 22.10.2017 von Damai Dewert