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Anschub für 3D-Druck von Metallen
 

Kasseler Werkstofftechniker erhalten bundesweit begehrte neue Anlage

Der 3D-Druck, die sogenannte additive Fertigung, ist weltweit auf dem Vormarsch. Das Interesse der Industrie – etwa im Fahrzeugbau oder der Medizintechnik – ist groß.

 

Gegenüber herkömmlichen Herstellungsprozessen kann man mit dieser Technik, bei der Metalle oder auch Kunststoffe in Schichten zur gewünschten Form aufgeschmolzen werden, oft schneller und kostengünstiger neue Produkte fertigen oder bislang unmögliche Designs realisieren. Der Entwicklungsprozess wird abgekürzt, den Bau spezieller Werkzeuge kann man sich häufig sparen.

Forscher der Universität Kassel wollen in den kommenden Jahren in interdisziplinärer Pionierarbeit die weitergehenden Potenziale des 3D-Drucks erforschen und neuartige, maßgeschneiderte und robuste Werkstoffe entwickeln. Das könnte später viele industrielle Fertigungsprozesse revolutionieren.

Kernstück dieser Forschung wird eine zwei Millionen Euro teure, raumfüllende 3D-Druck-Anlage sein, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird. Die Kasseler Wissenschaftler hatten sich mit ihrem Forschungskonzept gegen mehr als ein Dutzend Wettbewerber bundesweit durchgesetzt. „Wir sind unter den großen Vier der Werkstoff-Forschung für den 3D-Druck angekommen“, sagt Prof. Dr.-Ing. Thomas Niendorf, Sprecher des inneruniversitären Konsortiums, das sich um den 3D-Drucker beworben hat.

Die Entwicklung 3D-druckgeeigneter Werkstoffe „ist die große Herausforderung des nächsten Jahrzehnts“, sagt Niendorf. Denn viele herkömmliche Legierungen seien dafür nicht optimal geeignet. Die Kasseler Forscher haben bereits neue Metalllegierungen entwickelt. Das sei aber nur ein Bruchteil dessen, was möglich sei.

Mit der Anlage, in der ein Laser Metall- und Kunststoffschichten aufschweißt, werden die Forscher unter anderem mit einer hochauflösenden Röntgen-Hochleistungsquelle in Echtzeit den Druckprozess verfolgen und mit einer Vielzahl von Legierungen in deutlich kürzerer Zeit experimentieren können, als es bisher möglich war. „Das ist weltweit einzigartig“, erklärt Niendorf.

Detektoren und Sensoren werden in bisher nicht gekannter Menge Daten liefern. Künstliche Intelligenz (KI), ein Netzwerk selbstlernender Algorithmen, soll helfen, diesen Datenwust maschinell auszuwerten und neue Legierungen für den 3D-Druck zu optimieren. Die Software werde gewissermaßen einen „digitalen Zwilling“ des gedruckten Werkstücks herstellen. Ein Abbild, mit dem man sogar den Alterungsprozess des Werkstoffs bis zu dessen Versagen simulieren könne. „Das ist eine große Herausforderung. Wir werden an der Grenze des wissenschaftlich Möglichen arbeiten“, sagt Niendorf.

Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg. Die Anlage werde frühestens nächstes Jahr in Betrieb gehen, meint der Wissenschaftler. Sie müsse erst ausgeschrieben, beschafft und sodann mit ihren einzelnen Komponenten zusammengebaut und kalibriert werden. Das Interesse der Industrie und der Wissenschaft sei aber schon jetzt groß.

HNA, von Peter Dilling, 24.02.2020